Kite-7

Wie Raubtiere umkreisen wir uns. Die Spannung knistert zwischen uns in der Luft wie Feuer, das auf trockenem Reisig musiziert. Du lässt mich nicht aus den Augen, lauerst auf einen Fehler. Und ich kann es mir nicht leisten, den Blick von dir abzuwenden und womöglich eine Angriffsfläche zu bieten. Wenn wir sprechen, klingt es mehr wie ein Fauchen und Knurren als nach Worten, aus Menschenmündern entsprungen. Mit den Füßen scharrend, das Revier absteckend und mit Geifer an den Lippen folgen wir der Spur des jeweils anderen. Rund und rund. Für immer und ewig im Kreis. Bis einer von uns taumelt. Wenn du strauch

„Nein.“ „Einfach nur nein?“, vergewisserte sie sich. „Ich mache gerade eine Kundenumfrage und möchte gerne erfahren, wieso ein potentieller Klient sich dem Angebot verschließt.“ Er sah sie etwas irritiert an, aber der Schalk in ihren Augen brachte dieses entnervte Stöhnen zurück, mit dem er schon alle ihre vorherigen Versuche abgewehrt hatte. Nicht sonderlich erfolgreich, aber konsequent. „Gut, dann lass uns eben noch einmal darüber reden, wenn du mich bisher nicht verstehen konntest, meine Liebe.“ Seine langen Finger trommelten auf die Armlehne der Hängeschauke

Der Hagel hämmerte auf das Blechdach wie zu Technomusik tanzende Ratten. T. D. Eskin blickte, nicht nur aufgrund der untypischen Wetterlage, düster aus dem Fenster. Der Morgen war gelaufen, und der Rest des Tages war auf demselben Weg. „Guten Morgen, Miesmuschel“, konterte Sarah den Schlechtwetterblick Eskins mit unverschämtem Humor, als sie in sein Auto stieg. Das Trommeln wurde durch die zugeschlagene Tür leicht gedämpft. Wie Brautschmuck hingen weiße Graupelkörner in ihrer nassen, glänzenden Haarpracht. „Also raus damit, Gewitterwolke“, forderte sie ihn zum Reden auf, wä

Jeder Mensch ist sein ganzes Leben lang auf der Jagd, nach Anerkennung, Erkenntnis, Liebe, Macht, Reichtum und Leben. Manch einer von uns liefert sich ein Wettrennen mit den eigenen Schatten. Mal sind wir die gnadenlosen Verfolger, pirschen uns auf leisen Sohlen an wie Katzen, überraschen unsere Beute wie ein Adler im Sturzflug oder setzen, dem Fuchs gleich, zum Maussprung an. Ich jagte seit dem Tag, an dem ich sieben Jahre alt wurde, einem Phantom hinterher. Einem Idealbild, einem Halt in meiner zerbrochenen Welt. Statt ihn in Menschen zu suchen, die mich tatsächlich unterstützten, zogen mich gerade diejenigen an, die mich mit

Es lebte einmal ein Schneider, der hatte Frau und Söhne verloren. Geblieben war ihm allein seine kleine Tochter, die er liebevoll hütete wie einen Schatz aus Gold und kostbarem Geschmeide. Er nannte sie aus diesem Grund immer nur sein Goldröschen. Obwohl sie bescheidene Leute waren und seine Tochter zuhause mit anpacken musste, versuchte der Schneider stets, ihr eine Freude zu machen. Und Goldröschen schenkte ihm für jede Kleinigkeit und jedes liebe Wort zum Dank ein ansteckendes Lächeln. So schnitzte er ihr eine kleine Holzflöte, auf der sie in der dunklen Jahreszeit am Abend für Vater, Mond und Stern

Das Regentropfentierchen, im Volksmund auch Schwarzer Regen genannt, gehört nach heutigem Wissensstand zur Klasse der Insekten. Der Lebenszyklus des Regentropfentierchens beginnt mit dem Aufsteigen der mikroskopisch kleinen, durchscheinend bis bläulich schimmernden Larven Mitte Juli bis Ende August. Einmal bis zu den Wolken aufgestiegene Larven leben dort von dorthin verirrten Pollen, möglicherweise auch von als gesundheitsschädlich eingestuften Gasgemischen. Bei ausreichender Nahrungszufuhr kann eine Regentropfentierchenlarve auch bereits in Bodennähe im Nebel ihr optimales Gewicht erreichen. Ist das Idealgewicht e

Die Herrin der Melancholie, ein Fall von Bibliophilie. Sie tanzt mit Wörtern auf Papier als spiele sie auf dem Klavier. Ihr Herz allein für Sehnsucht brennt, gebannt auf feines Pergament. Mit Feder, Stift und Tastatur webt sie an ihrer roten Schnur, die sich durch die Geschichten spinnt. Trotzdem verirrt im Labyrinth. Mit jedem neuen Musenkuss schwimmt sie erneut in ihrem Fluss aus Fantasie und Einsamkeit. Gefallen längst aus Raum und Zeit. Erinnerung zeigt Bücher nur, die ewig gleiche Inventur. Die Frau, die für die Worte lebt, mit Fäden sie Geschichten webt. Gerissen aus der Lebenszeit, verbannt sie Schmerz